Hashtags gegen Hass: Lena Müller über ihre Aktion #pfarrpersonengegenrechts engagiert

Hashtags gegen Hass: Lena Müller über ihre Aktion #pfarrpersonengegenrechts engagiert

Hashtags gegen Hass: Lena Müller über ihre Aktion #pfarrpersonengegenrechts engagiert

# EINMISCHEN - ENGAGIERT

Hashtags gegen Hass: Lena Müller über ihre Aktion #pfarrpersonengegenrechts engagiert

#pfarrpersonengegenrechts , #christinnengegenrechts diese beiden Hashtags gehen zur Zeit auf Instagram viral. Gestartet wurde die Aktion von Lena Müller, Pfarrerin in der Neuköllner Dreieinigkeitsgemeinde. Nach Bekanntwerden der „Correctiv“-Recherche über die AfD wollte sie damit ein sichtbares Zeichen gegen das Erstarken des Rechtsextremismus setzen. Eine Aktion, die ankommt und sich immer weiter verbreitet. Im Interview mit berlin-evangelisch.de erzählt sie von ihren Beweggründen und Zielen.

Frau Müller, Sie haben zusammen mit drei weiteren Pfarrer*innen die Social-Media-Aktion #pfarrpersonengegenrechts gegründet und sehr schnell hunderte Menschen ihrer Berufsgruppe gewonnen, sich klar gegen rechte Gesinnung zu positionieren. Wie kam es dazu? 

Die Aktion habe ich auf meinem Instagram-Account @metablabla vor dem Hintergrund des Erstarkens der AFD und insbesondere ihrer kürzlich bekannt gewordenen Deportationspläne gestartet.
Mein Glauben ist politisch. Nachfolge bedeutet für mich, in Nächstenliebe zu handeln, für Gerechtigkeit einzutreten und sich marginalisierten Menschen zuzuwenden und sie zu schützen – so wie es einst Jesus Christus, der übrigens selbst Jude, Geflüchteter und BIPoC war, tat. In dieser Verantwortung stehen wir als Pfarrpersonen, schließlich sind wir dem Evangelium verpflichtet. Rechtsextremismus und -populismus sind damit unvereinbar – da bin ich mir mit meinen Kolleg_innen Eva und Quinton Ceasar und Tobias Heymann, die ich als erste Mitstreitende gewann, ganz einig.
Unsere Aktion sollte das sichtbar machen und in die Öffentlichkeit tragen.

Und was denken Sie: Warum ist Ihre Kampagne so erfolgreich?

Ich hatte damit gerechnet, dass sich vielleicht drei, vier weitere Personen anschließen würden. Stattdessen sind es heute, eine Woche später, schon etwa tausend. Ich komme kaum hinterher, alle Nachrichten zu beantworten.
Ich glaube, derzeit sind viele Menschen schockiert über die Ergebnisse der Correctiv-Recherche und wollen gemeinschaftlich etwas dagegen unternehmen. Die Aktion bietet da eine niedrigschwellige, aber wirksame Möglichkeit.

Über 1 Million sind am vergangenen Wochenende in Deutschland auf die Straße gegangen, um gegen die AfD und die von Correctiv aufgedeckten Pläne zur Deportation bestimmter Bevölkerungsgruppen zu demonstrieren. Was muss passieren, damit aus diesem Protest eine nachhaltige Bewegung entsteht? Was können wir - auch als Kirche - tun, um unsere Demokratie gegen rechtsextreme Anfeindungen zu verteidigen?

Ich denke, es braucht jetzt viel Durchhaltevermögen und Beharrlichkeit und dazu können wir als Kirche beitragen. Es reicht nicht, das Thema einmal in die Fürbitten aufzunehmen und dann abzuhaken. Wir müssen regelmäßig politisch predigen, mit den Konfis Synagogen und Moscheen besichtigen und vor allem auch uns den unbequemen Gesprächen beim Kirchkaffee, im Senior_innenkreis oder beim Elternabend stellen.
Auch in den sozialen Medien Präsenz zu zeigen, Falschbehauptungen etwas entgegenzusetzen und Hass und Hetze zu melden, halte ich für sehr wichtig.

Neben der Kampagne haben Sie auf Instagram nun auch  #christinnengegenrechts ins Leben gerufen. Wie wächst diese Kampagne ins evangelische Leben? Was ist ihr Eindruck?

Ich bekomme mit, dass die Aktion vielen Menschen Mut macht und ganz neue Netzwerke entstehen. Menschen verabreden sich zu Demos, planen gemeinsam antirassistische Veranstaltungen und schreiben Texte gegen Rechtsextremismus für den Gemeindebrief. Es gibt auch einen regen Erfahrungsaustausch dazu. Und marginalisierte Menschen fühlen sich zudem oft wohler in ihrer Gemeinde, wenn sie entdecken, dass sich mit #christinnengegenrechts Gemeindeglieder und Mitarbeitende klar positioniert haben.

Die evangelische Kirche hat sich in jüngster Zeit sehr klar gegen rechtsradikale Gesinnung abgegrenzt und Menschen von kirchlichen Ämtern ausgeschlossen, die der AfD angehörten. Aber sie hat auch versucht, mit AfD-Wählerinnen und -Wählern zu sprechen und sie zurück ins demokratische Spektrum zu holen. Wie kann das gelingen?

Erst einmal muss ich an dieser Stelle daran erinnern, dass das leider nicht immer so war - wenn wir an die Schrecken des Nationalsozialismus und die Rolle der sogenannten „Deutschen Christen“ denken. Wir handeln ja gerade aus dieser historischen Verantwortung heraus. Kirche darf nicht (wieder) schweigend zusehen, wenn Menschen wegen ihrer Religion, ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer Behinderung, ihrer Sexualität etc. Hetze und Diskriminierung ausgesetzt oder sogar von Deportation gefährdet sind. Dass wir da klare Kante zeigen, ist wichtig und richtig.

Gleichzeitig sind wir als Pfarrpersonen darauf ordiniert, „keinen Menschen verloren zu geben“, so heißt es in unserem Ordinationsversprechen und das nehme ich ernst. Unser Beruf bereitet uns ja gottseidank ziemlich gut darauf vor, miteinander ins Gespräch zu kommen – auch dann, wenn die Ausgangslage schwierig ist; wir sind geübt, aktiv zuzuhören und die hoffentlich richtigen Fragen zu stellen. Mit der Strategie immer wieder nachzuhaken und nachzufragen hatte ich schon einige kleine und nicht ganz so kleine Erfolge. Wenn allerdings wiederholt menschenverachtende Aussagen fallen, benenne ich das so und erkläre das Gespräch zumindest vorerst für beendet. Hass ist keine Meinung.

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed