Kältehilfe-Träger schlagen Alarm

Kältehilfe-Träger schlagen Alarm

Kältehilfe-Träger schlagen Alarm

# Berlin: sozial

Kältehilfe-Träger schlagen Alarm

Die großen Berliner Sozialverbände haben zum Auftakt der Kältehilfe-Saison der Politik in der Bundeshauptstadt Versagen bei der Bekämpfung der Obdach- und Wohnungslosigkeit vorgeworfen. Das 2020 ausgegebene Ziel, die Wohnungslosigkeit bis 2030 zu beenden, sei gescheitert, sagte Diakonie-Direktorin Ursula Schoen am Montag in Berlin: „Menschen ohne Obdach werden unser Stadtbild auf Dauer bestimmen.“ Umso wichtiger sei es jetzt, das Hilfesystem weiterzuentwickeln, sagte Schoen.

Im Rahmen der Berliner Kältehilfe stehen ab Oktober 735 Notübernachtungsplätze in Kirchengemeinden, bei sozialen Trägern und Hilfsorganisationen zur Verfügung. Bis Ende März sollen insgesamt 1.010 Übernachtungsplätze bereitstehen, teilte die Senatssozialverwaltung mit. In der vergangenen Kältehilfe-Saison waren es in der Spitze knapp 1.200 Notschlafplätze.

Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) betonte am Montag, es werde immer schwieriger, geeignete Immobilien für die Kältehilfe zu finden. Sie rief Immobilienbesitzer auf, dabei zu helfen. Fünf Objekte befänden sich derzeit „in Prüfung“. Kiziltepe dankte Trägern und Ehrenamtlichen von Notübernachtungen für ihr Engagement.

Laut Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege erreicht Berlin in diesem Jahr den Spitzenwert von mehr als 47.000 wohnungslosen Menschen, die in Wohnheimen, Hostels und Pensionen untergebracht sind. Zur Liga gehören neben der Diakonie auch die Caritas der katholischen Kirche, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die AWO, das DRK und die Jüdische Gemeinde zu Berlin.

Caritas-Direktorin Ulrike Kostka warnte angesichts der Finanzpolitik des Berliner Senats vor einem „Sparen an der falschen Stelle“. Sonst bleibe nicht nur die Mitmenschlichkeit auf der Strecke, sondern es entwickelten sich auch hohe Folgekosten. Zu einem menschenwürdigen Umgang mit Obdach- und Wohnungslosen gehöre auch, dass die medizinische und psychiatrische Hilfe für diese Menschen gesichert sei.

Kostka betonte, die Rahmenbedingungen in den Unterkünften müssten verbessert werden. Die Menschen bräuchten regelmäßige sozialarbeiterische Unterstützung, um ihre Notsituation zu überwinden.

Die Berliner Stadtmission verwies zu Beginn der Kältehilfe-Saison auf die große Belastung ihrer meist ehrenamtlichen Helfer. In der größten Berliner Notübernachtung an der Lehrter Straße, in der in der vergangenen Saison durchschnittlich 137 Menschen übernachteten, waren demnach viele Menschen in einem schlechten gesundheitlichen Zustand. So sei es zu unter anderem zu 343 medizinischen Notfällen sowie 32 Suizidversuchen oder -absichten gekommen. Zudem gebe es regelmäßig Menschen mit Suchterkrankungen.

Die Liga sieht die wesentlichen Ursachen für die Wohnungslosigkeit unter anderem in fehlenden Haushaltsmitteln und einem fehlenden Steuerungsprozess des Landes, um neuen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Mit Blick auf die 2020 ursprünglich vom Europäischen Parlament erhobene Forderung, die Obdachlosigkeit in der EU bis 2030 zu beseitigen, sagte Kostka: „Sich humanitäre Ziele zu setzen, ist wichtig, aber sie müssen der Realität standhalten.“(epd)

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed